Kultur Musik Unter einem Hut

„Dieses Album ist ne Bachelorarbeit“

Er hatte seine Anfänge, wie viele in Tübingen, im Fichtenweg 7 – dem legendären grünen Hochhaus im WHO. Aber statt nur seine Zeit als Student hier zu starten, war das für den Rapper Sane auch der Start seiner Musikkarriere. Jetzt hat er sein Studium abgeschlossen, und als Bachelorarbeit ein Konzeptalbum gemacht. Die Kupferblau war mit ihm im Gespräch über sein Leben, seine Musik, und den ganzen Rest.

Die Bachelorarbeit selbst wirkt im ersten Augenblick eher wie ein Buch als eine Abschlussarbeit. Statt den geforderten 40 Seiten umfasst diese circa 150. Man merkt sofort, dass dahinter nicht nur der Wille steckt das Studium zu beenden, sondern eine Geschichte erzählt wird. Genau das war auch die Intention von  Sane (bürgerlich Jens Amschlinger) und der Grund,  der ihn dazu gebracht hat seine Bachelorarbeit in einem so großen Umfang zu gestalten; da es in den Medienwissenschaften die Möglichkeit gibt ein Werkstück zu machen, wollte er zunächst ein Video drehen. Allerdings entwickelte sich diese Idee schnell weiter und schließlich entschied er sich dafür, mit der Arbeit seinen Werdegang als Künstler zu erzählen.

Jens Amschlinger alias Sane

Seine künstlerischen Anfänge machte Sane bereits in seiner Jugend als Theater- und Filmschauspieler. Diese Leidenschaft legte er allerdings zu Beginn seines Studiums erstmal auf Eis, um sich auf seine neuen Projekte konzentrieren zu können. Stattdessen fängt er an immer mehr Musik zu machen. Bereits 2011 beginnt er erste Lieder zu produzieren, und sich als Rapper auszuprobieren. Ab 2015 lädt Sane seine Musik auch auf Youtube hoch. Die ersten seiner Songs gibt es heutzutage allerdings nicht mehr online. Nicht weil er sich schämt, sondern einfach, weil sie den Zeitgeist nicht mehr richtig einfangen und die neue Musik für sich sprechen soll. Genau das gelingt ihm auch mit seinem Bachelorarbeitsalbum Zäsur.

Das Album ist als Gesamtkunstwerk konzipiert. Aufgebaut in einer Spiegelstruktur, ist es möglich von beiden Seiten anzufangen, und trotzdem die ganze Geschichte zu erfahren. Der Song Duktus ist dabei das Spiegelstück. Es endet, wo es anfängt, und die dabei erzählte Geschichte hat es in sich.

Zwischen Karlsruhe und Tübingen

Aufgewachsen in Karlsruhe beobachtet Sane schon früh Drogenmissbrauch in seinem Umfeld. Gerade deshalb ist es ihm wichtig, auf  Drogenverherrlichende Zeilen in seinen Texten zu verzichten, auch einfach aus Jugendschutz Gründen. „Ich glaub auch nicht, dass jeder das macht, ich glaube auch das in dem Alter, das schon viele abstrahieren können, aber trotzdem wird’s halt immer wieder einen kleinen Anteil geben, der das dann wirklich ernst nimmt.“ Dieses Risiko möchte er mit seiner eigenen Musik nicht eingehen, weil er selbst erlebt hat, wie viel Drogen zerstören können. Den Kontrast zwischen Tübingen und Karlsruhe beschreibt er als sehr krass: „Tübingen ist schon sehr akademisch geprägt, ich mein hier gibt es ja auch fast nur Studierende, es fühlt sich hier alles einfach viel Märchenhafter an. Ich hab jedes Mal, wenn ich in meine Heimatstadt Karlsruhe gehe das Gefühl, dort wieder das echte Leben ist.“

Gerade dieses Märchenhafte, kann seiner Meinung nach, aber auch schnell zum Problem werden. Viele der Themen, die in akademischen Kreisen sehr viel diskutiert werden, erreichen nicht die Gesellschaftsschichten, um die es bei den Diskussionen eigentlich geht. Außerdem merkt er an, dass: „vorwiegend privilegierte Leute die Stimme erheben und für Leute sprechen die von den Problemen betroffen sind und dann patronizing-mäßig sich anmaßen für die zu sprechen.“ Für ihn ist das wichtigste, dass Diskussionen und Veränderungen auch im Alltag stattfinden, und so alle erreichen. Die Sprache zu ändern ist wichtig, aber dabei darf auch die Praxis nicht vergessen werden. Gesellschaftskritisch äußert sich Sane deshalb auch in vielen seiner Songs. Dabei schlüpft er immer wieder in verschiedene Rollen und zeigt so andere Lebenswelten und Missstände.

Sane in den berühmt berüchtigten Hallen des WHO

Erste Auftritte auf Hauspartys im WHO

Das Who beschreibt Sane als „Allein-leben-Ausbildungscamp“ mit nicht so vielen Pflichten wie allein zu wohnen aber ohne Familie. In dieser ersten, freien Zeit in seinem Erwachsenenleben startet Sane auch seine ersten Versuche als Rapper. So singt er in seinem Song „W.H.O.“ : „Den ersten Gig hab ich gehabt in meiner Küche, 30 Leute, die Gäste gingen erst als die Verwaltung sie dann räumte. Den zweiten Gig gehabt in gleiche Küche 100 Leute, gingen nicht mal als die Cops räumen wollten.“

Wer selbst schon mal auf einer Hausparty im Who war, der weiß, dass man nur dort die neugewonnene Freiheit des Studiums so richtig spürt, und der weiß auch, dass die Küchen im Who gesetzlose Orte sind. So entstanden hier nicht nur viele seiner bekanntesten Songs wie der „Vodkaflaschen-Track“ sondern ganze Alben-artige Mixtapes. Die ersten seiner Auftritte absolviert er dabei noch ganz ohne Mikro. Umso mehr Leuten seine Musik gefällt, umso professioneller widmet er sich der Sache, und beginnt bald schon kleine Gigs rund um Tübingen zu spielen. Bereits dreimal hat er auf dem Ract gespielt und in einem Jahr sogar die Moderation übernommen. Einer seiner Lieblingsauftritte war im Epplehaus mit Stilechter Afterparty im Picasso.

Sane bei einem Auftritt

In wahrer Rockstarmanie hat Sane an eben diesem Abend, zwei seiner (eigenen) Mikrofone zerstört: „Das waren nicht die besten Mikros, aber wir haben die zum Proben verwendet. Ich hab dann so gesagt, hey lass mal checken ob das Mikro ein Mic-drop überlebt, und hab dann das Mikro einfach auf den Boden fallen lassen. Dann wars kaputt. Dann hab ichs mit dem zweiten auch noch probiert, um zu schauen ob das ne Ausnahme war beim ersten. Dann hab ichs fallen lassen, und es war auch kaputt.“

Die letzte Liveshow ist inzwischen schon etwas her, aber um so mehr freut er sich auf die nächsten Auftritte. Bereits am 16.07. ist es wieder möglich Sane live zu erleben, beim KuRT- Festival in Reutlingen. Karten dafür gibt es bereits jetzt im Vorverkauf für 4 Euro.

Fotos: Sven Naiser

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