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Corona Couchgeschichten

Aufgrund der Maßnahmen welche wegen des Corona Virus notwendig sind, hat sich unsere Situation in den letzten Tagen bzw. Wochen sehr schnell stark verändert. Durch die öffentlichen Einschränkungen verbringen wir jetzt viel mehr Zeit zu Hause. Um euch diese Zeit etwas entspannter zu gestalten, werden wir ab heute täglich einen kurzen Text auf Instagram veröffentlichen. In der neuen Kategorie “Corona Couchgeschichten” schreiben Redakteurinnen und Redakteure der Kupferblau täglich was ihnen in den Sinn kommt. Die Texte sind mal humoristisch, mal Nachdenklich und mal sind es Tipps wie man das beste aus der Situation machen kann.

Prüfend werfe ich noch einmal einen Blick auf meine Einkaufsliste. Vor mir auf dem Küchen-tisch erstreckt sich mein ultimativer Notfallplan für Apokalypsen und Katastrophen aller Art. Der Stolz über meine Voraussicht treibt mir die Tränen in die Augen, als ich die Früchte meines ausgeklügelten Plans erblicke: 40 Päckchen Mehl, 100 Rollen Klopapier, 50 Päckchen Spaghetti, 10 Nachfüllpäckchen Flüssigseife (bisher besaß unsere WG komischerweise gar keine Seife) und 50 Flaschen destilliertes Wasser. Oh ja, ich habe an alles gedacht und jegliche Eventualitäten in meinen Plan eingebaut!

Meine Mitbewohner stehen neben mir und starren ganz und gar fassungslos auf den Berg an Produkten. „Leute, ich weiß ganz genau was ihr jetzt denkt!“, verkünde ich zufrieden. Sara wirft mir einen irritierten Seitenblick zu. „Ach ja? Tust du das?!“ Mit ihren 1,55m ist Sara genauso groß wie meine liebevoll angeordnete Dosenpyramide. „Das ist … krank.“, kommentiert Charlotte. „Du tust ja gerade so, als stünde uns die Apokalypse bevor.“
Im Hintergrund öffnet Cindy den Schrank mit unseren Putzsachen und wird von einer Welle Klopapier überrollt. Jede Hilfe kommt zu spät, die Lawine reißt sie mit sich. Ein kluger Plan fordert nun mal seine Opfer. Paul begutachtet die 30 Dosen Erbsen. „Alter, du HASST Erbsen.“, stellt er trocken fest. Ich räuspere mich ertappt und antworte: „Da, mein lieber Paul, hast du nicht ganz unrecht. Aber da ist viel Protein drin – und man braucht doch auch während einer Apokalypse Protein, für die Muskeln!“

„Welche Muskeln bitte…?“, murmelt Charlotte, die vergeblich versucht, auf dem Küchentisch etwas Platz für die Zubereitung ihres Mittagessens zu machen.  „Du weißt schon, dass man destilliertes Wasser nicht trinken sollte? Das spült doch die ganzen Mineralstoffe aus dir raus!“ Sara schaut mich vorwurfsvoll an. Langsam fange ich an zu glauben, dass die anderen meinen Plan gar nicht so feiern wie ich. „Tja, wenn die Kanalisation überlastet und das Grundwasser vom Virus verseucht ist, werde ICH zumindest im Gegensatz zu dir NICHT meinen eigenen Urin trinken!!“, entgegne ich patzig.

Etwas in meiner Prepper-Ehre gekränkt verlasse ich die Küche und ziehe meine Schuhe an. „Wo gehst du denn jetzt hin?“, ruft Charlotte aus der Küche, als ich mir meinen Schlüssel greife. Ungläubig starre ich sie an. „Na, in die Eisdiele – es ist einfach so ein GEILES Wetter heute! Die Zeit bis zum Untergang muss man noch einmal richtig auskosten. Wollt ihr etwa den ganzen Tag hier drin versauern, oder was? Na ja, dann bis später … und Finger weg von meinen Dosenravioli!“

Leonie Müller

Die Semesterferien dauern länger, Prüfungen werden verschoben und die Unibib macht dicht. Auf unbestimmte Zeit zwingt uns die Ausbreitung des Corona-Virus dazu, zu Hause zu bleiben. Wenn ihr trotzdem noch Hausarbeiten schreiben oder auf die nächsten Klausuren (wann auch immer die stattfinden werden, argh) lernen müsst, hier fünf Tipps für euer Homeoffice.

1. Räumt euren Arbeitsplatz auf. Oder auch nicht.

Wer von euch gehört zu den Menschen, die ihr Zimmer aufräumen, um eine Entschuldigung dafür zu haben, nicht lernen zu müssen? In Zukunft könnt ihr das Aufräumen einfach als lernvorbereitende Maßnahme begreifen. Denn: wer einen aufgeräumten Arbeitsplatz hat, arbeitet konzentrierter und lässt sich nicht so schnell von äußeren Einflüssen ablenken. Andererseits: Unaufgeräumte Arbeitsplätze steigern erwiesenermaßen die Kreativität. Je nachdem also, ob ihr Mathematikaufgaben lösen oder für euer Lehramtsstudium Mandalas malen müsst (?), kann sowohl ein aufgeräumter als auch ein unaufgeräumter Schreibtisch bei der Arbeit helfen.

2. Schreibt euch to do-Listen

Eine to do-Liste verschafft einen Überblick darüber, was ansteht, und hilft euch einen klaren Kopf zu bekommen, da ihr immer einen kurzen Blick auf die Aufgaben werfen könnt und so nicht ständig zukünftige Pflichten in eurem Hinterkopf herumumschwirren.

3. Legt euch Arbeitszeiten fest

Arbeit und Freizeit voneinander zu trennen fällt im Homeoffice besonders schwer. Feste Arbeitszeiten können euch dabei helfen, euch morgens zur Arbeit aufzuraffen beziehungsweise irgendwann auch mal gut sein zu lassen und in den wohl verdienten Feierabend zu gehen.

4. Macht euer Smartphone aus

Unser kleiner Hosentaschenbegleiter ist wohl der größte Ablenkungsfaktor bei der Arbeit am Schreibtisch – vor allem wenn man zu Hause ist und von den verurteilenden Blicken anderer Bib-Besucher verschont bleibt. Und als wäre das Smartphone nicht in normalen Zeiten schon Verlockung genug, ziehen uns derzeit auch noch eine Überdosis Corona-Eilmeldungen in den Bann des Bildschirms. Der Produktivität hilft es auf die Sprünge, das Handy für eine Weile aus zu machen und beiseite zu legen.5.)    Richtet euch einen Remote-Zugang ein. Viele von euch werden ihn sowieso schon auf dem Rechner haben: Mit einem VPN-Client könnt ihr auch während die Unibib geschlossen hat auf die im Katalog+ gelisteten elektronischen Ressourcen zugreifen.

Michael Schlegel

„I have to leave Edinburgh by this Sunday“ schreibt Gabby, eine amerikanische Freundin, am 12. März in unsere Erasmus-Gruppe. Zusammen mit ein Screenshot einer E-Mail ihrer Uni, die sie zu einem „immediate return“ in die USA aufforderte. Eine kleine Armee an entsetzten und traurigen Emojis stürmte die Gruppe, keiner wollte das Gelesene so recht begreifen.

Wie groß das eigentliche Ausmaß der Corona-Krise tatsächlich werden, was innerhalb der nächsten Tage auf uns zukommen würde – von überstürzten Abschieden, gestrichenen Flügen und zerplatzen Zukunftsplänen – war uns zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst.
Oder wir ahnten es, aber verdrängten erfolgreich. Schließlich befanden wir uns in der 10. Semesterwoche; gerade so weit, um Freundschaften zu festigen und die Tücken des schottischen Wetters zu kennen, die Hälfte der Zeit aber lag noch vor uns. Highland Trips waren gebucht, Bar Abende längst geplant.

Dass mit diesem Spaß endgültig Schluss sein sollte, wurde mir einige Tage später mit aller Härte bewusst, als nicht nur meine amerikanischen FreundInnen, sondern auch die Hälfte des Wohnheims das Land verließen. Schwere Koffer rollten den Gang hinunter. „When are you leaving?“ war die Frage des Tages. In der Erasmus-Community herrschte gedrückte Aufbruch-Stimmung, Angst vor Grenzschließungen und Flugstornierungen machten sich breit, ein Goodbye folgte dem nächsten. Auf den Straßen jedoch war Alltagstrubel, Menschen flanierten auf der Shoppingmeile, Bars und Caffees noch längst geöffnet. Social Distancing? Fehlanzeige, zu diesem Zeitpunkt.

Wie die meisten meiner Kommilitoninnen buchte auch ich mir schließlich einen Flug – fuhr jedoch letztlich mit dem Zug nach Hause, da alle Flüge restlos gestrichen wurden. Nach so viel Lebenswandel innerhalb einer Woche heißt es nun wieder: Einrichten im alten Kinderzimmer, während die Gedanken noch in Edinburgh schweben.
Zeit um den abrupten Abschied zu verarbeiten, ist ja jetzt genug.

Judith Hüwelmeier

Es grenzt an Absurdität. Da liest man morgens noch vor dem Aufstehen mindestens hundert Mal: #stayathome, #quarantine, #saveyourgrandma …
Schön und gut, es ist wichtig, die Risikogruppe zu schützen, selbst wenn man selber nicht dazugehört. Aber dann sowas. Klopapier alle, Kühlschrank leer… nichts neues für eine Studenten-WG. Doch da uns ja scheinbar einige schwierige Wochen bevorstehen, geht man vielleicht noch lieber einkaufen. Vorsichtshalber. Natürlich ist man gut informiert und bereitet sich entsprechend für die Mission Supermarkt vor. Desinfektionsmittel in der Jackentasche, Handschuhe, Atemmaske (wenn man keine hat… Luft anhalten?). Dann kann es losgehen. HALT! Jutebeutel fast vergessen. Die Straßen sind leer. Soweit so gut. Aber was ist das??

Kaum öffnen sich die Automatik-Glastüren, strömt einem schon die erste Rentnergruppe entgegen! Mit Rollatoren und allem Drum und Dran! Erstmal einen großen Sprung zur Seite. Nur keine Panik. Bloß… drinnen sieht es nicht viel besser aus. Hinter jedem Regal lauern sie. In jedem Gang stehen sie, als ob gar nichts wäre. Selbst das Personal ist anscheinend exklusiv 60+. Aber hey, solange man zwei Meter Abstand hält, bringt man doch niemanden in Gefahr, oder? Also heißt es: Im Slalom am Luftmehl, im Ninja-Style an unsichtbaren Konservendosen vorbei.

Schweißgebadet kommt man an der Kasse an. Nochmal gut gegangen. Und dann kommt der Niesreiz.

Isabel Jarama

Tag 1:
Heute Morgen ging meine Mutter einkaufen. Davor sagte sie, sie hoffe, dass nicht so viele Hamsterkäufe gemacht werden, damit sie noch alles bekommt was sie braucht. Sie hatte Glück. Sie kam mit jeweils einer Flasche Grappa, Ramazotti und Rum sowie vier Flaschen Wein nach Hause. „Jetzt hast du ja selbst ein bisschen gehamstert“, sagte ich. „Ach was“, antwortete sie darauf. „Das war doch nur mein Wocheneinkauf.“

Tag 2:
Jetzt sei die Stunde des Knoblauchs, meint mein Vater. Deshalb gibt es heute Zaziki mit viel Knoblauch, dazu Gyros – mit Knoblauch – und griechischer Salat – ja, auch der mit Knoblauch. Man gehe ja sowieso nicht unter Leute. Und falls man doch raus müsste, dann würden die Menschen schon von selbst den nötigen Abstand zu einem nehmen.

Tag 3:
Heute musste ich meiner Mutter helfen, das alte Zimmer meines Bruders neu zu organisieren. Seit er vor einem Jahr ausgezogen ist, will meine Mutter den Raum umfunktionieren. Jetzt ist natürlich der perfekte Zeitpunkt dafür, wenn man sowieso zuhause ist. Sie schildert mir ihre Pläne. Der Raum soll ein Gästezimmer, ein Büro und zeitgleich eine Abstellkammer werden. Es ist 11 m² groß. Meine Mutter ist optimistisch.

Nach mehreren Stunden herumwerkeln sieht es tatsächlich genau danach aus: Es hat eine Schlafcouch, einen vollgestellten Schreibtisch, ein ebenso volles Regal und einige Kisten in der Ecke. „Vielleicht stelle ich im Sommer noch einen Kühlschrank rein, für kalte Getränke“, überlegt meine Mutter. „Dann könnten wir noch eine Bar reinstellen.“ Ich bin fasziniert und denke darüber nach, ob ich mein WG-Zimmer auch so umwandeln kann.

Sina Gramlich

Stay at home. Die perfekte Zeit, um mich doch einmal den Dingen zu widmen, die ich bisher vernachlässigt habe. Aufgaben, vor denen ich mich bewusst gedrückt habe und meinen stressigen Alltag als Ausrede genommen habe.  Oder Hobbies, denen ich schon länger mehr Aufmerksamkeit schenken wollte.

Now is the time! Mein Ziel für alles, was ich dann tatsächlich in die Hand nehme: Eine gute Balance finden aus Entspannung und Produktivität. Keine ewig langen To Do Listen, die mich eher abschrecken und somit im Bett versauern lassen. Dennoch muss eine grobe Ideenliste her, damit ich eben nicht nur im Bett versauere.

Ich könnte das Buch von Hesse lesen, das schon wochenlang unberührt im Regal steht. Das Rezept für die Sommerrollen ausprobieren, das schon ewig in meinen Browserfavoriten gespeichert ist. Sport kann ich übrigens auch ganz gut allein Zuhause machen (naja, nicht dass ich ihn zuvor draußen oder in einer Gruppe gemacht hätte). 

Ich könnte mich in ein Thema vertiefen, das ich schon immer interessant fand. Dokumentationen über die Geheimnisse und Weiten des Universums ansehen. Oder auch einfach mal wieder meine Fenster putzen, meinen Kleiderschrank ausmisten. Einfach mal das Ausschlafen genießen. Alles: Hauptsache daheim, während ich Ruhe bewahre. Und dankbar dafür bin, dass es mir in dieser Situation so gut geht.

Michelle Pfeiffer

„So entspannt ist man in Italien wohl noch nie gefahren“, denke ich mir, als ich mit meiner Mutter nach einer Woche häuslicher Gefangenschaft an den Flughafen von Neapel fahre. Kaum fünf Autos begegnen uns auf den rund 80 km Autobahn. Am Ziel angekommen lässt sich ein gewisses Feeling nicht unterdrücken. Der Aeroporto di Napoli-Capodichino ist eine Geisterstadt. Wo normalerweise ein bunter Haufen Menschen aus aller Welt lärmend umherläuft, startende und landende Flugzeuge dröhnen und Durchsagen erschallen, ist jetzt Stille. Sogar der Militärjeep vor dem Haupteingang fehlt. Man kennt das – aber eigentlich nur aus Hollywood, und ich hab‘ genug Filme gesehen um zu wissen, was als nächstes kommt.

Cedric Kirchhöfer

Wie die meisten von euch, verbringe auch ich den größten Teil meiner Zeit momentan zu Hause. ‚Manchmal’ gehe ich noch spazieren oder joggen. Tja, ich will ja jetzt nichts vorwegnehmen, aber ich habe seit ein paar Tagen eine entzündete Achillessehne. Davon mal abgesehen – hier erfahrt ihr, was ich in dieser Zeit schon alles an unnötigen Dingen erledigt habe und wieso ich manchmal das Gefühl habe, momentan sogar noch weniger Zeit zu haben (juhu!). Noch wichtiger: Tipps zum Nicht-Nachmachen sind auch dabei (jetzt aber: juhu!).

1. Die Spotify ‚Lieblingssongs‘ Liste entmüllen

Tipp: macht es einfach NICHT.
Nachdem ich gerade 3h diese ‚Lieblingssongs’ Liste durchgegangen bin, um jedes unbekannte Lied einzeln zu löschen, wurde mir klar, dass ich euch vor diesem Schicksal bewahren muss. Falls ihr also mal Spotify eurer Schwester, eurer Mutter, oder sonst jemandem überlassen habt, der nicht euren Musikgeschmack hat, dann schlage ich euch einfach vor, den Account zu löschen und von vorn anzufangen. Wusstet ihr, dass ihr durch das grüne Herz eure Songs nicht nur in der Bibliothek speichert, sondern auch in dieser Liste? Und, dass die Songs eben nicht aus der Liste gelöscht werden, wenn man sie aus der Mediathek wieder raus nimmt? Ja. Jetzt wisst ihrs. Vielleicht habt ihr ja Tipps, wie ich das in Zukunft vermeiden kann damit ich meinen Abend nicht mit glasigen Augen vor dem Handybildschirm verbringen muss.

2. Sport

Habe ich schon meine entzündete Achillessehne erwähnt? Also, ich mag Joggen ja wirklich. Wirklich. Aber man sollte bei einem Regenschauer vielleicht doch nicht über das Feld rennen. So aus Erfahrung kann es etwas unangenehm werden. Denn, wenn man dann doch wegen des nassen, kalten Regens im Gesicht heim will, kann die Überlastung beim überstürzten Über-Pfützen-Hüpfen dann doch ehr schmerzhafte Schäden hinterlassen. Tipp: Übertreibt es nicht, nur weil ihr jetzt Zeit dazu habt.

3. Ausschlafen

Jeden Tag bis 12 zu schlafen, ist für eine Weile ganz nett, allerdings wird mir bei meinem vollen Tagesplan manchmal fast die Zeit knapp. Rechnen wir es mal durch: 12:00 aufstehen. Liegen bleiben, weil es gibt ja nix was ich heute unbedingt erledigen muss. 13:00 Frühstück. (Die halbe Stunde dazwischen ist durch meine Rumtrödelei verschwunden). 13:30 eine Stunde joggen, noch duschen – optimistische Menschen wie ich brauchen dann schon mal bis 15:00. Dann noch ein kurzer Spatziergang mit meiner Mutter – und es ist schon 16:30! Vielleicht schaffe ich es dann sogar, ein bisschen zu lernen. Allerdings hab ich meistens erst Hunger und dann werde ich müde. Nach einem Nickerchen, fällt mir meistens was Schlaues ein: Spotify Listen ausmisten, alte Accounts bei Ticketmaster oder Uber löschen, natürlich dafür erst mal neue Passworte anfordern… und so weiter. Bis ich damit fertig bin, ist es eigentlich schon Zeit fürs Bett. Ehrlich. Aber bisschen essen muss man ja auch. Wer macht sich nicht gerne Maccaroni nachts um halb 12?

Also – da habt ihr sie:
Die Dinge die man in dieser Zeit tun kann, aber nicht notwendigerweiße tun muss. Wirklich nicht. Deswegen verrate ich euch bald, was man anders machen kann, damit wir die Zeit auch sinnvoll nutzen können. Vielleicht. Wenn mir nichts anderes einfällt, was zu tun ist!
 
Ellen Lehmann

PS: Wenn ihr auch momentan Schoko-süchtig seid, dann ist das vollkommen ok!

Morgen hat meine Schwester Geburtstag.
Doch was machen wir nur, das ist die große Frag‘.
Familie und Freunde bleiben dies‘ Jahr fern,
auch wenn sie mit uns feiern würden noch zu gern.
Opa und Oma bleiben auch zu Haus,
die besten Geschenke bleiben dann wohl aus.
Drum basteln wir viele Girlanden,
das soll ersetzen die Verwandten.
Wir backen Kuchen wie gewohnt,
damit sich auch das Feiern lohnt.
Morgen kann es regen, stürmen oder schneien.
Uns ist das egal.
Wir bleiben ja daheim.
Doch so schnell kann uns hier nichts stoppen.
Wir werden uns gar selber toppen.
Ganz ohne Sinn und Verstand,
mit dem Partyhütchen in der Hand,
werden wir morgen alles geben,
das Geburtstagskind wird hochleben.
Und bestimmt noch lange von diesem Tag reden!
Wir stoßen mit Prosecco an
– morgens um zehn. Ist ganz egal.
Wir werden sowieso nirgends mehr hingehen.
Danach singen wir Happy Birthday
– just for you.
So wird auch dieser Geburtstag
zu nem riesen Clou.
Denn ganz egal was kommen mag,
morgen bleibt dein besonderer Tag.
Wir feiern auch in kleiner Runde jede Stunde ganz nach Herzenslust.
So schnell bekommen wir keinen Corona-Frust!

Sinem Tuncer

Jede Familie hat ihre eigenen Überlebensmuster in der Krise. Manche zählen gerne jedes einzelne Blatt Klopapier, andere gehen sich aus dem Weg, spielen Wii oder gehen joggen. Meine Familie spielt gerne Brett- und Kartenspiele. Nach einer Woche daheim ziehe ich Bilanz: 3x Alhambra gewonnen, 2x Siedler von Catan, 1x Carcassonne. Bei Bohnanza leider immer konsequent verloren. Aufgefallen ist mir dabei die tief materialistisch-kapitalistische Seele aller Gesellschaftsspiele, die ich mir seit meiner Kindheit zu eigen gemacht habe.

Beispiel Alhambra:

Schon am Anfang wird jedes Leistungs- oder Gerechtigkeitsprinzip untergraben, denn je nach Zufall startet man mit 20 oder eben bis zu 28 Geldmünzen in das Spiel. Welcome to the real world, Loser.

Beispiel Siedler von Catan:

Zusammen mit seinen Mitspieler*innen kloppt man sich um Rohstoffe und asphaltiert die ganze Insel. Bäume, Berge, alles wird konsequent abgeholzt. Entwicklungskarten ziehen bedeutet im Regelfall, die eigene Rittermacht auszudehnen. Fortschritt = Aufrüstung.

Beispiel Carcassonne:

Ziel ist es, die größten Burgen zu bauen. Natur in Form von Wiesen ist nur etwas wert, solange sie auch an Burgen grenzt. Das kennen wir ja auch von daheim. Solange der Amazonas nicht an unseren Garten angrenzt, müssen wir uns ja auch nicht um ihn kümmern. Unfertige Burgen bringen übrigens nur die Hälfte der Punkte ein. Ob es wohl auch eine modernere Version des Spiels mit Flughäfen gibt?

Beispiel Bohnanza:

Je mehr Geld man mit Bohnen machen kann, desto besser. Am wichtigsten ist es jedoch, die anderen von ihrem eigenen Gewinn abzuhalten. Also lieber kostbare Lebensmittel wegschmeißen, bevor sie noch jemand anderes anbauen kann. Der Ackerboden wird dabei extrem übernutzt. Ich rechne pätestens nächste Woche mit den ersten Erosionen.

Clara Thier

Fact-Check:
Wenn ihr euch vor der Quarantäne die Nägel machen lassen habt und jetzt vier Wochen vergangen sind, dann sind die Nägel jetzt rausgewachsen und leider nicht mehr schön. Das Nagelstudio hat geschlossen, aber ihr möchtet unbedingt diese (inzwischen wortwörtlich) Krallen loswerden.

Fragt nicht euren Heimwerkbegeisterten Vater um Rat! Sonst endet ihr wie ich und lasst euch nach zwei Tagen dzau überreden die Gelnägel mit der Flex abzufeilen. („Weil das ja quasi wie im Nagelstudio ist“). Nur – mit einem Gerät das definitiv nicht dafür geeignet ist!!! Danach habt ihr möglicherweise ein Loch im Nagel des linken Mittelfingers, seltsame Wölbungen von Gelresten auf den Anderen, und für den Rest eures Lebens ein grundlegendes Misstrauen in die Feinmotorikfähigkeiten eures Vaters. Also: lasst die Nägel dran, euch sieht sowieso kein Mensch! (Und fragt nicht Familienmitglieder um Rat, die vor zwei Wochen noch nicht einmal wussten, dass es so etwas wie Gelnägel gibt!)

Clara Solarek

Für die Social-Distancing-Zeit habe ich mir einiges vorgenommen: Ausmisten, Organisieren, fit werden, endlich Nähen lernen, meinen Hobbies nachgehen, und so weiter. Und eigentlich hatte ich mich auch auf die Zeit mit der Familie gefreut…

Tag 1:

Jetzt geht es also los. Das Workout ist erfolgreich absolviert, jetzt ein bisschen lesen und am Nachmittag wage ich mich mal an die Nähmaschine ran. Doch was ist das? Plötzlich kommt mein kleiner Bruder um die Ecke. Vor zwei Jahren hätte ich ihm mal versprochen, zusammen mit ihm all unser Playmobil aufzubauen… Dafür sei jetzt doch die perfekte Zeit!

Tag 2:

Meine Mutter hat mir Putzen verordnet. Im Zimmer meines Bruders kann ich leider nicht saugen, da kommt man vor lauter Playmobilfiguren kaum mehr bis zum Bett durch.  Das Workout lasse ich heute ausfallen; ich wusste gar nicht, dass man so Muskelkater haben kann!

Tag 3:

Habe heute erstmal den halben Tag verschlafen, jetzt lohnt es sich ja auch nicht mehr wirklich, noch was zu machen, oder? Außerdem ist der Muskelkater immer noch da.

Tag 4:

Mein Bruder und ich können jetzt „Bruder Jakob“ im Kanon auf dem Glockenspiel spielen und ich habe mir zwei Näh-Tutorials angeschaut. Eigentlich war ich doch ganz produktiv! Auf jeden Fall ist dieses Social Distancing immer wieder für Überraschungen gut!

Sophie Vollmer

„Turn your magic on, to me she’d say Everything you want’s a dream away“ (Musik von Coldplay spielt)…

Schnell die Speicherkarte in die Kamera rein und auf keinen Fall den Akku vergessen. Ich hüpfe auf und ab, zwischen Müslischüssel und Kamerarucksack. Raus aus dem Schlafanzug hinein in Jeans und Hemd, immerhin steht heute ein Fototermin mit Ministerpräsident Kretschmann im Kalender. Wenig später sitze ich im Tübus und schaue Gedanken versunken aus dem Fenster.

„We are legends, every day“.

Danke Spotify! Noch flott eine Butterbrezel am Bahnhof kaufen und dann ab in den Zug. Moment, die Ammertalbahn fällt aus? Und gleich zwei Verbindungen nacheinander. Mist! Ich muss in knapp 90min in Böblingen sein. Ich fluche laut, irgendwas mit Bahn und Saftladen. Komme ich über Dettenhausen hin? Nein, auch zu spät. Da hilft nur ein Taxi. „Einmal nach Herrenberg bitte“. Netter Fahrer, wir unterhalten uns, er erzählt mir davon dass er früher auch fotografiert hat. „Damals noch analog, auf Film“. Er hält noch kurz bei einer Sparkasse, mit Karte kostet die fahrt nämlich mehr.

Mega lieb von ihm, das gesparte bekommt er als Trinkgeld! In Herrenberg hechte ich zur nächsten S-Bahn und komme gerade noch pünktlich aber leicht verschwitzt in Böblingen an. Wenige Minuten später betritt der Bürgermeister zusammen mit Winfried Kretschmann den Wolfgang-Brumme-Saal im Alten Rathaus und begrüßt die Gäste. Kretschmann wird sich heute in das goldene Buch der Stadt eintragen. Super locker drauf unser Ministerpräsident, sein schwäbisch ist einfach goldig.

„Schatz? – Schläfst du?“ Meine Freundin rüttelt mich wach. Dabei ist es noch früh am Abend. „Hm“. Leicht irritiert richte ich mich auf. „Daher gelten ab sofort folgende neue Regeln in Baden Württemberg“ Sie schaut sich eine Pressekonferenz mit Ministerpräsident Kretschmann an. Nicht schon wieder neue Corona Maßnahmen!

Was würde ich jetzt nicht alles für eine Zugverspätung tun. Oder einen Sprint zum nächsten Foto Termin. Hoffentlich bald wieder.

„Like I’m alive again Alive again“

Thomas Dinges

Seit Montag bin ich, der eigentlich nur daheim war, um kostengünstig ein Praktikum zu absolvieren, auf absehbare Zeit wieder Vollmitglied der heimischen Familie. Und so bewohne ich jetzt wieder mein altes Schlafzimmer aus Jugendzeiten. Dort lässt sich dieses „Social Distancing“ auch viel leichter einhalten, schließlich gab es in meiner Schulzeit keinen Ort vor dem sich mehr distanziert wurde, als mein Bett.
Das Rumvegetieren daheim fühlt sich fast schon retro an, wie die Sommerferien damals in der Schule, wenn alle irgendwo in Thailand, Spanien, oder Italien unterwegs waren, und ich es mir hier in Haustralien gemütlich machen musste.

Bloß ist gerade kein Sommer und eigentlich hat auch niemand Ferien, in der Schule bin ich auch nicht mehr und in den Urlaub kann auch keiner.  Ach ja, und draußen herrscht die Apokalypse – fast hätte ich’s vergessen.
Da war ja was! Es handelt sich also um Sommerferien, wenn Sommerferien ein Produkt wäre, das man von einem zwielichtigen Straßenhändler kaufen kann, der im gleichen Sortiment auch authentische „Abibas“-Strandschuhe anbietet, und der beim ersten Auftauchen der Polizei schnell das Weite sucht.

Da meine letzte Praktikumswoche jetzt ebenfalls weg-coroniert wurde, habe ich folglich die Muße, meine freie Zeit als Quaranteenager mit Leben zu füllen. Der Begriff „Leben“ ist hier im weitesten Sinne zu verstehen – wenn ich gerade nicht mit halboffenem Mund vor Netflix hänge und nach einigen Stunden sitzender Verwesung mitfühlend vom Bildschirm gefragt werde, ob ich noch einen Puls besitze, versuche ich, mich daheim irgendwie nützlich zu machen. Da habe ich die Gartenarbeit für mich entdeckt. Damit das Arbeitspensum aber für die kommenden Wochen, Monate oder Jahre in Quarantäne reicht, schneide ich jeden Tag nur ein bis zwei Grashalme mit der Nagelschere ab – so hat man immer etwas zu tun.

Bis ich eines weit entfernten Tages, mit einem langen grauen Bart und Zottelmähne, wieder vor die Tür treten und meine Freunde wiedersehen kann und sie frage, ob wir abends gemeinsam Netflix schauen wollen.
 
Stefan Köbke

Tag 7:

Heute Morgen weckte mich mein Vater als er stark im Flur hustete. Er wird öfters von Husten geplagt, aber heute ging das ganze fünf Minuten lang und klang gar nicht gesund.
Ich befürchtete, er könne Corona haben. Als ich ihn eine Viertel Stunde später beim Frühstückstisch antraf, wirkte er jedoch sehr munter, als er sich vier Würfel Zucker in seinen Kaffee warf. Ich sprach ihn auf seinen verdächtigen Husten an. „Ach, des war doch nix“, winkte er ab. „Am beschda isch wenn i mi morgens ordentlich aushuschd, weil dann isch für’n Reschd des Tages a Ruh!“ Tatsächlich hustete er für den restlichen Tag nicht mehr.

Tag 8:

Heute fürchtete meine Mutter mein Vater habe Corona. Er saß morgens am Frühstückstisch und bekam keinen Bissen herunter, klagte über Kopfschmerzen und Übelkeit und legte sich nach kurzer Zeit wieder ins Bett. „Des sind au Symptome von Corona!“, rief sie mir panisch zu. „Was machet mir, wenn der sich des irgendwo eigfanga hat?“
„Mama“, sagte ich beruhigend. „Papa hat definitiv kein Corona! Der hat gestern zwei Tassen Tee mit ordentlichem Schuss Rum getrunken und danach noch vier Gläser Wein.“ Er hatte einfach nur einen Kater.

Tag 9:

Mein Vater hat sich von seinem Kater erholt und wurde seitdem nicht mehr verdächtigt, Coronaviren im Haus zu verteilen. Doch die Corona-Paranoia hält weiterhin an. Heute habe ich mit meiner Mutter Rhabarbertörtchen gemacht. Da blieb einiges von der Mascarpone-Creme übrig, die ich danach genüsslich verschlang. Dann aß ich noch zwei der Törtchen. Danach plagte mich Übelkeit und ich musste mich erst einmal hinlegen. Meine Mutter fragte mich daraufhin, ob ich denn Corona habe.

Sina Gramlich

Warum ein zweiter Teil?!

Ich hatte es euch ja versprochen – zu versuchen, ein kleines bisschen mehr Produktivität in meinen Alltag zu bringen und darüber zu berichten, wie genau (und ob) ich das fertig bringe. Also ich kann stolz berichten: wenn man Spotify auf dem Laptop öffnet, kann man in der Lieblingssongs Liste einfach hundert Lieder auf einmal löschen, das erleichtert mir meinen Alltag schon mal immens. Wie ich sonst mit meiner Zeit umgegangen bin? Ok, ich verrate es euch.

Aufstehen

Inzwischen stehe ich jeden Morgen gegen 10:00 auf. Danach versuche ich, eine Liegestütze zu machen, und scheitere kläglich. Ein gesundes Frühstück (Obstsalat) soll mein schlechtes Gewissen wegen der vier Nutella-Brote gestern Abend mindern. Heute keine Kohlenhydrate, ist die Devise (hahah, genau). Täglich lerne ein bisschen was, weil ich mir das Ziel gesetzt habe, den Laptop erst nach 18:00 anzuschalten.

Lernen

Tatsächlich habe ich diese Woche wirklich viel geschafft. Irgendwann muss auch mal was gehen, denn manche Fakultäten starten ihr online Programm ja jetzt doch vor dem 20. April. Richtig konsequent, unsere Hochschulpolitik. Ich frage mich auch gar nicht, ob es schon Lösungen oder Vorschläge für z.B. Hochschulgruppen gibt. Also, wir von der Kupferblau haben noch nichts von der Uni gehört.
Zu wissen, was wir dürfen, nicht dürfen, was wir erwarten können, worauf wir uns einstellen sollen, online, nicht online, … Aber eigentlich erwartet ja auch niemand, das wir da informiert werden – oder?
Im Falle eines Online Semesters, freue mich auf jeden Fall schon darauf, 8h am Tag vor dem Laptop zu sitzen und mich mit der Technik herumzuschlagen, die bei 30 Zoom-Teilnehmern sicher tadellos funktionieren wird. Und meine Daten sind dabei natürlich genauso sicher, wie Trumps Aussagen zu Covid-19.

Putzen

Zusätzlich zu meinen (schwächlichen) Sport-Versuchen, habe ich mir angewöhnt, auch mal den Putzlappen in die Hand zu nehmen. Ich lenke mich damit nicht von meiner viel zu langen Literaturliste ab, die ich nach und nach durcharbeite (wirklich nicht!)… aber mein Zimmer ist tip-top sauber und die Treppen im Flur sogar gewischt. Sollte mal jemand vorbei kommen und sich anschauen. Also dann in drei Monaten.

Ellen Lehmann

Erster Schritt: Die eigene Beobachtung mitteilen.

Am Essenstisch schaufele ich mir missmutig Tortellini auf den Teller. „Heute habe ich irgendwie ein totales Corona-Tief“, sage ich. Keine Reaktion von Seiten meines Vaters. Meine Mutter schaut mich an. „Oh. Aber zum Glück ist die Omi gerade immer so optimistisch drauf, das ist doch toll, was sie alles so erzählt hat, was sie jetzt im Garten macht …“ Schwupps, sind wir bei einem anderen Thema. „Ihr hört mir überhaupt nicht zu!“, möchte ich schreien. Ups, ich hab’s tatsächlich getan. Gut, das war eben meine Beobachtung.

Gesundes Streiten ist wichtig. Auch während einer Krise. Insbesondere, wenn man nach fünf Jahren plötzlich wieder zu Hause bei der eigenen Familie wohnt. Natürlich habe ich inzwischen einiges dazu gelernt, was das komplexe Themengebiet der Streitkommunikation und -rhetorik angeht. Von stümperhaften und amateurhaften Aussagen wie „Ihr habt mir gar nichts zu sagen!“ oder „Das mache ich ganz bestimmt nicht!“ bis hin zum emotional-impulsiven „Ich hasse euch!“ habe ich mich schon lange entfernt. Nein, ich streite nicht mehr, ich klage nicht mehr an.

Was ich jetzt mache: Ich äußere meine Bedürfnisse. Marshall Rosenberg, der Erfinder der Gewaltfreien Kommunikation (GfK), ist der festen Überzeugung, dass wir sagen müssen, was wir selbst fühlen, um anderen unser Anliegen verständlich zu machen. Ich-Botschaften statt Du-Botschaften. Nichts leichter als das.

Zweiter Schritt: Die eigenen Gefühle äußern.

Nach dem Essen geht es ans Abtrocknen. „Wieso muss ich wieder abtrocknen?“, rufe ich durchs ganze Haus. „Ich fühle mich dafür nicht wertgeschätzt!“ (Ha, denke ich innerlich, damit können Sie nicht umgehen.) Stattdessen lacht meine Mutter mich aus. „Ich schätze dich sehr wert“, sagt sie kichernd. „Kann ich hier nicht mal in Ruhe wütend meine Gefühle äußern?“, ärgere ich mich. Dann eben Schritt drei.

Dritter Schritt: Eigene Bedürfnisse benennen.

„Kannst du bitte aufhören, dein Zeug im ganzen Haus zu verteilen?“, fragt meine Mutter vorwurfsvoll. „Du hast dein eigenes Zimmer und dann belegst du auch noch das Arbeitszimmer für deine Bachelorarbeit. Was willst du denn noch alles einnehmen?“ „Also ich finde nicht, dass es stört, wenn auf dem Couchtisch meine Bücher liegen“, antworte ich.  „Und das Glas da, aus dem will ich ja später vielleicht noch trinken, hm? Und die Socken, die da liegen, die will ich später vielleicht noch einmal anziehen?“ „Und was ist mit der leeren Schokoladenpackung?“ „Ja, die, die schmeiße ich später weg. Ich jedenfalls wünsche mir hier mehr Toleranz für andere Lebensformen!“ Bedürfnis verständlich geäußert, denke ich innerlich und hake den Punkt in Gedanken ab. Meine Mutter verlässt wutschnaubend den Raum.

Vierter Schritt: Eine Bitte formulieren.

„Kann ich das BITTE noch zu Ende machen?“. Ich habe den Schreibtischstuhl herumgedreht und blicke meinen Bruder flehend an. Dieser zeigt wenig Verständnis. „Clara, du sitzt an MEINEM Computer! Geh da jetzt sofort weg!“ „Felix, lass mich bitte noch bis heute Abend hier sitzen.“ „Nö.“ Mein Bruder beginnt, meine Sachen vom Schreibtisch zu räumen.“ „Wenn du mir jetzt nicht diesen Computer überlässt, dann behinderst du meine gesamte Bachelorarbeit“, brülle ich plötzlich. „Ich sehe, dass du hier arbeiten willst, aber ich will das hier jetzt fertig machen, sonst raste ich aus! ALSO HAU BITTE AB!“

Ich-Botschaft gesendet; Beobachtung, Bedürfnisse, Gefühle, Bitte – alles klar benannt und geäußert. Ich bin stolz auf mich. Nur meine restlichen Familienmitglieder, die müssen das mit der Gewaltfreien Kommunikation wohl noch ein bisschen üben.

Clara Thier

Es fing alles so harmlos an. Es war am Anfang der Krise. Unsere WG hatte die sozialen Kontakte weitgehend eingestellt noch bevor es ein offizielles Kontaktverbot gab. Uns wurde bewusst, dass wir jetzt ungewohnt viel Zeit miteinander verbringen würden. Also entschieden wir uns als Einstieg für einen Entspannten Filmabend. Was dann passieren würde, hatten wir alle nicht kommen sehen.

Die meisten von euch kennen das sicher. Man klickt sich durch Netflix, Amazon Prime (oder seit neustem nach Disney +) auf der vergeblichen Suche nach einem guten Film. Genau so ging es auch uns. Bis die Fernbedienung des Fire TV Sticks auf einem viel zu buntem Cover hingen blieb. „Bibi und Tina – Mädchen gegen Jungs“. Wir wussten es nicht besser und dachten: ‚so ein Kinderfilm, das könnte spaßig werden‘. Nein! 

Kennt ihr diese Filme, in denen die Hauptcharaktere völlig aus dem nichts und aus irgendwelchen Gründen anfangen zu singen? Ich kann solche Filme nicht ernst nehmen. Bibi und Tina ist genau so ein Film!
Nach fast zwei Stunden hatten wir es geschafft. Dieser „Film“ war vorbei. Völlig geplättet von dieser grotesken Mischung aus Erwachsenen Menschen, die in einer beängstigenden Ernsthaftigkeit 13 Jährige Mädchen spielen, die kompletten übersteuerten Farben und den Dialogen bei denen man manchmal nicht wusste, ob es sich um einen Kinderfilm oder der Beginn eines schlechten Pornos handelt saßen wir da und wussten nicht was grade passiert ist.

Als der Abspann vorbei war und wir und wieder in der Filmauswahl befanden stellten wir etwas schreckliches fest. Wir hatten den dritten von insgesamt vier Filmen gesehen. „Na die anderen müssen wir jetzt aber auch noch anschauen“ meinte meine Mitbewohnerin.
Und so kam es, dass wir im Bibi und Tina Universum gefangen waren. Den Titelsong kannten wir natürlich bereits beim zweiten Film auswendig und sagen mit. Aber auch die anderen Lieder mit grandiosen Lines wie: „Komm sag mir deinen Namen und ich werd‘ ihn für dich buchstabieren“ hörten wir uns mehrfach an.

Unser Lieblingscharakter ist ganz klar Holger. Der Bruder von Tina. Dessen nahezu einzige Aufgabe es ist zu Beginn des Filmes hinter einem Scheunentor hervorzutreten und mit einer E-Gitarre (was braucht man auch sonst in einer Scheune??) das Titellied zu singen.
Außer im vierten Teil. Dieser wurde generell von unserer, mittlerweile durchaus als Kenner zu betitelnden, WG zum schwächsten Teil der Reihe ernannt. Es gab keinen Titelsong von Holger und auch die Story bestand aus ungewohnt viel Handlung. Das waren wir nicht gewohnt. Ging es doch im ersten Teil nur darum ein Fohlen zu retten wurden jetzt plötzlich Weltpolitische Themen angesprochen.

Wie dem auch sei. Wir hatten es geschafft – dachten wir.

Der Algorithmus weiß immer besonders gut was einem gefällt. Und so schlug uns Bibi&Tina Fans Amazon natürlich sofort die eigens produzierte Serie vor. Der Regisseur ist der gleiche wie bei den Filmen. Die Serie ist allerdings weniger bunt, die Charaktere weniger überzogen und alles wirkt ein bisschen entspannter. Gesungen wird trotzdem, die Lieder leider weniger eingängig als aus den Filmen.

Unser Fazit nachdem wir die Serie mit zehn Folgen an zwei Abenden durchgeschaut haben. Schlechter als Teil 1-3 aber immer noch besser als der vierte. Eine der Folgen des Ganzen: jedes Mal, wenn ich ein Pferd sehe, tritt in meinem Kopf ein imaginärer Holger mit E-Gitarre aus einer Scheune und beginnt zu singen. Aber jetzt hatten wir es ja geschafft und alles geschaut was die Bibi&Tina Markt aktuell hergibt.

Aber mal sehen, vielleicht gibt es ja noch andere tolle Kinderfilme in denen gesungen wird.

Marvin Feuerbacher

„Hast du deine Hausarbeit schon fertig geschrieben? Du hast doch gerade so viel Zeit, da müsste die ja locker schon fertig sein!“

„Ich bin zurzeit so viel produktiver! Ich gehe regelmäßig joggen, ernähre mich gesünder und verbringe viel weniger Zeit am Smartphone. Also mir geht’s besser denn je.“

Aussagen, die man zurzeit durchaus des Öfteren hört. An sich kein Problem, im Gegenteil. Schön, dass viele aus dieser ungewissen Zeit das Beste machen. Dass sie sich  entfalten und Neues ausprobieren, wenn ihnen doch eh viel mehr Zeit als sonst zur Verfügung steht. Doch wir gehen alle anders mit der Situation um. Und das ist normal und okay. Aber viele, die sich gerade selbst isolieren, setzen solche Erfolgsgeschichten auch stark unter Druck. Vielleicht geht es dem einen nicht so gut diesen Frühling, vielleicht ist er alles andere als produktiv. Vielleicht leidet die andere unter der Kontaktsperre zu ihren Freunden und ihrer Familie.

Deshalb ist es wichtig zu verstehen, dass es nicht schlimm ist, wenn man gerade nicht die produktivste Phase durchlebt. Dass man mit dem Gefühl der Unsicherheit nicht allein ist, auch wenn es aus der eigenen Zimmerecke so scheinen mag. Es ist absolut okay, den ganzen Tag im Bett zu liegen und Serien zu schauen – (war es übrigens auch schon davor :)). Es ist normal, wenn man gerade nicht sein bestes Selbst ist, seine To Do Liste nicht bis zum letzten Punkt aufarbeitet oder gar einen „Wie sieht mein Leben in 5 Jahren aus-Plan“ ausarbeitet. Man tut, so viel man möchte und schafft. Was einem Spaß macht und dabei hilft, mit der ungewohnten Lage zurechtzukommen.

Es ist eine Pandemie und kein Wettstreit, nach dem man am Ende einen Produktivitäts-Pokal gewinnt. Zumal wir doch schon unseren größten und produktivsten Teil für die Gesellschaft tun und Solidarität zeigen, indem wir Zuhause bleiben und geduldig sind. Und das sollten wir uns immer wieder vor Augen führen.

Michelle Pfeiffer

Die Isolationszeit hat mich verändert. Zum Schlechteren oder zum Besseren? Das weiß ich noch nicht. Seit 24 Tagen bin ich nun in Selbstisolation und musste somit 576 Stunden Zeit in meinen eigenen vier Wänden füllen. Eine der bisherigen Errungenschaften ist beispielsweise ein Level Up im Backen. Ehrlich, niemand kann so viel Kuchen essen – niemand. Doch das ist einfach mein Coping-Mechanismus. Backen hilft immer. Wer ein Stück Kuchen im Bauch hat, dem geht es grundsätzlich besser als ohne, das weiß ja jedes Kind.

Mein Verhalten gegenüber meinen Eltern hat sich außerdem grundlegend gewandelt. Mittlerweile springe ich wie ein Ninja um sie herum, um jederzeit den Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten. Schützt die Älteren!, ruft es mantrahaft in meinem Kopf, als ich zum zehnten Mal an einem Tag gewissenhaft die Hände wasche. Meine Beobachtung dabei ist jedoch, dass gerade diese Älteren dabei leichtsinniger sind als wir Jüngeren. Darum musste ich blitzschnelle Reflexe entwickeln, um zu reagieren, wenn meine Mutter es dann doch nicht lassen kann und mich zu umarmen versucht. Nach dem Motto „Sie haben mich ins Gesicht gefasst! Das dürfen Sie nicht! Sie begehen eine Straftat!“ baue ich mich dann vor ihr auf und hebe mahnend den Zeigefinger, um vor dem mikroskopisch kleinen Feind zu warnen. Als Antwort ernte ich nur ein gutmütiges Lächeln. Naja!

Zusammen mit meinen, im Gegensatz zu meinen Eltern, technikversierten Freundinnen bin ich nun auch eine wahre Meisterin in Stadt, Land, Fluss geworden. Ich kenne nun zu jedem Buchstaben des Alphabets eine Stadt, einen Disneycharakter sowie eine Harry Potter-Figur (ja, auch für Q und Z, Bitches!). Vor einigen Jahren hätte ich mich damit vielleicht noch bei „Wetten, dass..?“ bewerben können. Heute bin ich mit meiner Cousine sogar zum Ostereier bemalen verabredet – über Skype, natürlich. Zweideutige Aussagen wie „Zeig mal her, ich kann deine Eier gar nicht sehen!“ sind da natürlich vorprogrammiert, und wie ich uns kenne, werden wir darüber kichern wie 12jährige. Ich freue mich schon!

Alles ist dieses Jahr eben ein bisschen anders – aber, und ich kann nicht glauben, dass ich gerade tatsächlich Mark Forster zitiere, man sollte sich immer vor Augen halten: „Egal was kommt, es wird gut, sowieso!“. Um noch einmal zu der Frage zurück zu kommen, inwieweit mich Corona verändert hat – vielleicht hat mein Verstand doch ein bisschen gelitten …

Leonie Müller

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