Unileben

Hut ab – was hat es eigentlich mit den Doktorhüten auf sich?

Fliegende Hüte, irgendwelche Zipfel, die von der einen zur anderen Seite gelegt werden, lange Umhänge – ein Bild, das bei jedem halbwegs guten US-amerikanischen College-Film nicht fehlen darf. Damit verbunden immer Szenen voller stolzem Lächeln, Jubelrufen und einem Hauch Melancholie. Während sie dort ganz zentral sind, sind sie bei uns kaum zu entdecken: Die Doktorenhüte. Woher kommen diese eigentlich und was hat es damit auf sich?

Juhu! Endlich habe ich mein Abschlusszeugnis in der Tasche und darf mich damit offiziell “Bachelorette“ nennen. Zu meiner Freude gesellt sich das Bedürfnis, dies angemessen zu zelebrieren. Also offiziell zu feiern. So richtig. Und am liebsten nicht nur mit einer kleinen Examensfeier meiner Fakultät, sondern auch mit dieser wunderbaren Absolvent*innen-tracht samt Hut. Dieser Wunsch bleibt Denken – eine schöne Abschlussfeier hatte ich trotzdem – aber die Frage, was es eigentlich mit diesen Hüten auf sich hat und warum wir diese nicht auch an unserer Uni haben, bleibt.

Kleine Geschichtsstunde

Ihr wisst vermutlich wovon ich rede. Es geht um diese schwarzen Hüte mit den Fransen, wie wir sie aus allen amerikanischen College-Serien und -Filmen kennen, die auch nur ein bisschen was auf sich halten. Die Hüte, die bei erfolgreichem Abschluss in feierlicher Manier von allen Absolvent*innen gleichzeitig in die Luft geschmissen werden. Dazu tragen die Befeierten meist ein schwarzes, weites Gewand.

Aber erstmal von vorne: Wie heißen diese Sachen eigentlich richtig? Das Gewand nennt sich Talar und etablierte sich zunächst im Kreise von Geistlichen und Richtern, bevor das knöchellange Gewand an den mittelalterlichen Universitäten als akademische Kleidung eingeführt wurde. Der heute bekannte schwarze, viereckige Hut mit Quaste nennt sich Doktorhut bzw. Barett oder Mortarboard. Dieser Doktorhut war im 15. Jahrhundert an den Universitäten als Kopfbedeckung der Gelehrten, vor allem der Professoren, bekannt. Wie die Bezeichnung ‚Doktorhut‘ bereits nahe legt, wurde dieser bei der Erlangung des Doktortitels verliehen. Im Laufe der Zeit hat es sich dann auch bei den Absolvent*innen von Master- und Bachelor-Studiengängen durchgesetzt. In diesem Zusammenhang nennt sich der Doktorhut dann Barett.

Angemessen den Abschluss feiern – braucht es dazu Hut und Tracht?

Großbritannien, USA und Deutschland

Natürlich, wer hätte es gedacht, vollzieht sich die Geschichte und der Gebrauch der Doktorhüte, Baretts und Talare im universitären Kontext nicht einheitlich auf internationaler Ebene. In Großbritannien wird das viereckige Barrett vor allem von Master-Absolvent*innen getragen, Doktorand*innen hingegen bekommen ein rundes Barett zur Verleihung ihres Titels mit passendem Talar, dessen Farben an die der Universität oder der Fakultät angepasst sind.

In den USA werden die Baretts teilweise auch schon bei den Abschlussfeiern von High Schools und Colleges verteilt. Das erklärt vielleicht, warum wir diese Tradition heutzutage besonders mit den USA verbinden. Die Hüte und Talare sind Teil von viel mehr Festlichkeiten und damit in den Darstellungen dieser in Film, Fernsehen und Nachrichten präsenter.
Wie auch in Großbritannien gibt es farblich markierte Besonderheiten. Bei Bachelor- und Master-Absolvent*innen zeigt die Farbe der Quaste die Fakultät an. An der High School wird mit der Farbe der Quaste teilweise die Abschlussnote symbolisiert. Um die Doktorand*innen hervorzuheben, erhalten diese einen samtenen Doktorhut mit goldener Quaste.
Eine weitere Besonderheit der US-amerikanischen Tradition ist das Umlegen der Quaste. Vor der Verleihung der Urkunde wird die Quaste auf der rechten Seite getragen und danach umgelegt auf die linke Seite.

In Deutschland hat das Tragen der Hüte zur Feier eines Abschluss nachgelassen. Doch an manchen Unis – in Tübingen meines Wissens leider nicht – werden die Bachelor- und Master-Absolvent*innen noch immer bzw. wieder in Talar und Hut gefeiert. Und dann findet auch, ganz getreu dem Vorbild Großbritanniens und der USA, der feierliche Hutwurf statt!   

Die Rückkehr der Doktorhüte?

Meine Examensfeier ist vorbei – offiziell gab es zwar keine Talare und Hüte, aber zumindest lagen zwei Hüte und Talare aus, die es mir an jenem Abend ebenfalls erlaubt haben, feierlich eine Quaste von der einen Seite zur anderen zu legen und ein Barett jubelnd in die Luft zu schmeißen. Und ich muss zugeben: Das hat sich doch ziemlich gut angefühlt. Braucht es deswegen gleich eine ganze Abschluss-Revolution? Müssen wir laut werden und die Rückkehr der Doktorenhüte feiern? Vermutlich nicht. Letztlich sind diese doch auch nur ein altes Symbol von Hierarchie und Macht, das umkonditioniert wurde zu einem Symbol des stolzen Abschlusses. Daran ist wahrlich nichts Falsches, aber ganz ehrlich: Müssen wir uns wirklich ein schwarzes Gewand anziehen und eine Kopfbedeckung tragen, um das gute Gefühl „Ich habe es geschafft“ zum Ausdruck zu bringen? Ich denke nicht.

Titelbild: Emily Ranquist (pexels)
Bilder: Pavel Danilyuk (pexels), Nico Reusch


Ich mit Barett bei meiner Examensfeier in der neuen Aula

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