Politik

“Darf ich dir etwas sagen?” – Von unschuldigen Fragen und unverschämten Antworten

–——————– Content-Warning: Sexualisierte Gewalt ———————

Anzügliche Nachrichten, ungefragte Anrufe, gar die Aufforderung, die Nacht mit ihm zu verbringen: Ein Mann belästigte mehrere Tübinger Studentinnen über WhatsApp. Ihre Nummern hatte er aus einem Ersti-Chat. Jetzt folgen Ermittlungen. Die Hintergründe.

Unschuldige Fragen und unverschämtes Aufdrängen

“Wie kriege ich denn so ein hübsches Mädchen wie Dich?”, schreibt er ihr. “So jedenfalls nicht!”, folgt ihre Antwort. Mareike  [Anm. d. Red.: Name geändert] ist eine Tübinger Studentin im ersten Semester. Wer er ist, weiß sie nicht – und sie hat nach dieser Nachricht auch kein Interesse daran, ihn kennenzulernen. Doch in den kommenden Tagen folgen immer wieder anzügliche Nachrichten, Belästigungen, gar die Aufforderung, die Nacht mit ihm zu verbringen. Und damit ist sie nicht alleine.

“Darf ich Dir etwas sagen?”, beginnt er die Unterhaltung mit einer anderen Frau. Auch sie kennt ihn nicht, weiß noch nicht einmal, in welche Richtung diese Nachricht das Gespräch lenken wird. Sobald ihr seine eindeutigen Absichten klar werden, signalisiert auch sie ihm, dass sie seine sexuell motivierten WhatsApp-Nachrichten widerwärtig findet.
Dann folgt ein Dickpic mit Sabber-Emoji und der Versuch, sie nachts über einen Videoanruf zu erreichen. Fabienne [Anm. d. Red.: Name geändert] blockiert ihn und geht am darauffolgenden Tag zur Polizei. Dort trifft sie auf einen verständnisvollen Beamten, der ihre Schilderungen zu Protokoll nimmt. Erleichtert, von dem Polizisten ernst genommen zu werden, erstattet sie Anzeige.

Rechtliche Konsequenzen für den Täter

Erst nach diesem Besuch bei der Tübinger Polizei erfährt Fabienne von einer Freundin, dass der Mann auch weitere Frauen angeschrieben hat. Fabienne tritt mit ihnen in Kontakt, fragt im Bekanntenkreis, ob andere ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Gemeinsam erstatten auch die anderen Frauen Anzeige, denn sie alle haben Beweise.

Mittlerweile ist der Täter nicht mehr unbekannt. Die Tübinger Polizei hat sein Handy eingezogen und ihn befragt. Die Staatsanwaltschaft wird den Fall übernehmen. Zum Schutz seiner Identität bleiben seine Daten hier anonym.

Was den Betroffenen jedoch bleibt, sind ihre Erinnerungen an den Vorfall: “Ich habe mehr darüber nachgedacht, als mir lieb ist. Auch wenn ich weiß, dass das nichts mit mir zu tun hat”, meint eine der Betroffenen. Eine andere fragt sich: “Warum hat er mich genommen? Wieso schickt er mir so etwas?” Für sie war es beruhigend zu sehen, dass sie nicht die einzige war. “Ich will nicht wissen, bei wie vielen Mädchen er die Nummer noch abgezogen hat”, sagt eine weitere Betroffene. “Wer weiß, wie es jemandem geht, der bereits sexuelle Gewalt erfahren hat und dann so eine Nachricht erhält.”

Die betroffenen Studentinnen sind sich einig: Sie haben richtig gehandelt. Vor allem die Erfahrung, mit ihren Bedenken von staatlicher Seite ernstgenommen zu werden, hat sie erleichtert. Das gilt auch für die gegenseitige Unterstützung, die sich die Frauen geben konnten – trotz eines ernüchternden Einstiegs ins Studierendenleben. “Keine Frau muss sich so etwas gefallen lassen”, fasst Mareike zusammen. “Solche Sachen sind strafbar, dafür haben wir einen Rechtsstaat.”

Beitragsbild: Pixabay

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